序言:为什么我只是个女孩:1945 年逃跑的创伤

序言

 "她根本无法理解你--她不知道你的故事"--这是 1990 年圣诞节前促使我最终向我的中姐芭芭拉讲述我的逃亡经历的想法;我要把 1945 年 1 月 26 日正午,即我 15 岁时与大姐朱莉安一起离开施奈德米尔的父母家后发生的事情写给她看。在我从波森-西普鲁士边境地区逃往汉堡自由汉萨城的漫长逃亡路结束后,我急切地想向母亲讲述当时发生的事情,但母亲总是反对我的要求:"不要说,写下来。"因此,1946 年夏天,我写了一篇关于 1945 年 1 月/2 月逃亡头两周的回顾日记,仍然用稚嫩的苏特林字体写在朋友给我的旧战地邮票上。因为战后不久就没有纸张了,甚至连小学生都用不上,这就意味着,比如说,我的数学作业就是用剩下的照相纸写的,这种纸的一面对光线非常敏感。效果很有趣:

当我在不感光的白色一面写字时,背面明显泛红。至于那些旧的战地邮票,它们的主人对它们大多已不再感兴趣。在漫长的战争岁月里,它们所发挥的作用已不再需要。邮票由 DIN A5 规格的耐墨灰白色纸张组成,内页四周有粘合剂折叠,外页有预制的地址栏和寄件人栏。折叠并粘合后,这些纸张就能写出当时常见的小巧轻便的实地邮寄信件。 翻开我的日记,也许有人会问,战后初期的难民儿童怎么会有钢笔呢?我的解释很简单,因为这是在即将到来的前线忙碌出发的特征。我母亲比我们晚几个小时离开家,她在四处张望时发现了我的绿色佩利康钢笔。她意识到我对写作的热爱,很快就把钢笔放进了口袋,15 个月后,我终于拥有了心爱的书写工具,这让我惊喜不已。 战后最初几年的典型特征还包括用爱心制作的小活页夹,我可以用它来整理日记。寻找工作的人们用巧手发现了自制日用品的销售价值。如果一个人可以向邻居要一小块贵重的布料来覆盖简单的木制衣架,另一个人可能会有一块可用的墙纸和胶带、就我而言,这意味着一个旧的、不好看的活页夹可以变成一个漂亮的新活页夹。战后市民的巨大想象力最初创造了各种家用物品,最终流入了新兴产业。 越来越多的人不仅在车间和工厂找到了工作,还在贸易行业找到了工作。我母亲在一家工艺品商店找到了一份售货员的工作,从而为我的文字记忆提供了一个稳定的封面:我拥有了一个黄白相间的小活页夹,上面有有趣的棕色旋钮和浅灰色的亚麻布书脊。但在我们三个女人--妈妈、芭芭拉和我--仅有的一间难民房里,我很难在七年多的时间里不受打扰地写作。但这并不是这篇日记在长达 15 个月的逃亡生活的第 14 天后戛然而止的原因。相反,由于对可怕经历的强烈回忆而导致噩梦不断,迫使我不得不暂时搁置那些不允许我大声谈论的事情。今天回想起来,我才意识到,我是本能地屏住呼吸,等待着这份历史文献,直到我逃亡过程中最糟糕的那段经历被讲述出来。我再也没有力气去做之后的事情了。"写下来,"这是我母亲的话。她后来也看了我的笔记吗?即使是在六十多年后的今天,我也只能假设她一直保守着这个秘密,至少是部分秘密--多年后,她通过一个庞杂的问题向我透露了这个秘密,而这个问题只能来自于对我笔记的了解。但是,我的姐姐芭芭拉(Barbara),她在一个狭小的空间里分享了我母亲的整个战后生活,直到晚年才通过我了解到我的逃亡经历,她直到最后都强烈反对这种说法。事实上,我的逃亡日记一直是我们这个小家庭的烫手山芋。就像我做错了什么事一样,它被宣布为禁忌,这就是那些密密麻麻的小纸页所证明的。这也是我多年来把日记放在保险柜里的原因之一。

直到 2005 年 1 月奥斯威辛集中营解放 60 周年纪念时,我才从战后的活页夹中翻出以前的战地邮寄单。我想知道自己在遥远的 1945 年 1 月 27 日写了些什么,在我的记忆中,那是我生命中迄今为止最黑暗的一天--我对奥斯威辛集中营和解放一无所知。犹豫再三,我开始阅读这些保存完好的文字。我问自己,后来出生的人中有谁还熟悉苏特林的文字,我想到了我的八个教子。作为当代历史文献,我想让我曾经写下的文字变得清晰可见,希望有一天有人能读到我在家族中不得不保持沉默的东西。于是,我把两年前借给波恩德国联邦历史博物馆的手写原稿翻译成了电脑文字。我的日记在那里得到了很好的保存,所以没有白写。 然而,我的记忆远比我当时能够用文字记录的要丰富得多,当时我还不到 17 岁。三十年后,当我向一位心理分析师倾诉了笼罩在我生活中的阴影时,这种阴影才开始逐渐消散。因此,这本书的目的是,换句话说,从今天的视角出发,再次阐明和完成在波恩沉积的东西。这里将讨论我在少年时代认为多余的压舱物。在战争结束后,平民受害者不再因被贴上加害者的标签而蒙受不白之冤的时候,我的逃亡日记手写原件中的引文用斜体标出。


Prolog»Sie kann dich ja gar nicht verstehen – sie kennt deineGeschichte doch nicht« – dieser Gedanke war es, dermich in der Vorweihnachtszeit des Jahres 1990 moti-vierte, nun endlich auch meiner mittleren Schwester Barbara von meiner Flucht zu erzählen; für sie nieder-zuschreiben, was ab den Mittagsstunden des 26. Januar1945 geschehen war, nachdem ich als Fünfzehnjährigezu sammen mit unserer ältesten Schwester Juliane das Elternhaus in Schneidemühl verlassen hatte. Nicht frei-willig hatte ich all die Jahrzehnte darüber geschwiegen.Meinem dringenden Bedürfnis, nach Ende meines lan-gen Fluchtweges aus der Grenzmark Posen-Westpreußenbis zur Freien und Hansestadt Hamburg mit meinerMutter über die Ereignisse zu sprechen, stand stets derenBitte entgegen: »Sprich nicht darüber, schreib es auf.«So entstand bereits im Sommer 1946 ein rückblicken-des Tagebuch über die ersten zwei Wochen meinerFlucht im Januar/Februar 1945. Geschrieben noch infast kindlicher Sütterlinschrift auf alten Feldpostbogen,die mir Bekannte geschenkt hatten. Denn Papier gab esso kurz nach dem Krieg noch nicht wieder zu kaufen.Auch nicht für Schüler, was beispielsweise dazu führensollte, dass ich meine Mathematik-Hausaufgaben aufResten von Fotopapier löste, welches auf der einenSeite äußerst lichtempfindlich war. Ein lustiger Effekt:

Während ich auf der lichtunempfindlichen weißen Seiteschrieb, errötete die Rückseite zusehends. Was die altenFeldpostbogen anging, sie waren für die Besitzer meistuninteressant geworden. Ihr Dienst, den sie in langenKriegsjahren erfüllt hatten, war nicht mehr gefragt. DieBogen bestanden aus tintenfestem grau-weißem Papierim DIN-A5-Format, dessen Innenseite rundum mit ei -nem Klebefalz versehen war, wohingegen die Außen-seite vorgefertigte Felder für Adresse und Absender auf-wies. Einmal zusammengefaltet und zugeklebt, ergabendie Blätter die damals gängigen kleinen und leichtenFeldpostbriefe.Wer mein Tagebuch aufschlägt, mag sich fragen, wieein Flüchtlingskind in jener frühen Nachkriegszeit aneine Füllfeder kam. Die Erklärung ist so einfach wieauch bezeichnend für einen hektischen Aufbruch vorder nahenden Front. Meine Mutter, die unser Hausnur wenige Stunden nach uns Hals über Kopf verließ,entdeckte beim letzten Herumschauen meinen grünenPelikan-Füllfederhalter. Sich meiner Schreibfreude er-innernd, steckte sie ihn kurzerhand ein und konntemich fünfzehn Monate später mit meinem geliebtenSchreibutensil überraschen.Auch der kleine, mit Liebe gefertigte Ringordner, in denich die Blätter des Tagebuches abheften konnte, ist ty-pisch für die ersten Jahre nach dem Krieg. GeschickteHände Arbeit suchender Menschen entdeckten in ihrerNot den Verkaufswert selbst gemachter Gebrauchs-gegenstände. Konnte man bei einem Nachbarn kleinewertvolle Stoffreste zum Beziehen schlichter Holz-kleiderbügel erbitten, so beim anderen vielleicht einStück verwertbarer Tapete und Klebestreifen finden,womit sich, wie in meinem Fall, ein alter unansehn-licher Ringhefter in einen hübschen neuen verwandelnließ. Die große Fantasie der Nachkriegsbürger, die zu-erst allerlei Gegenstände für den Hausgebrauch schuf,floss schließlich in die neu entstehende Industrie ein.Nicht nur in den Werkstätten und Fabriken fandenimmer mehr Menschen Arbeit, sondern auch im Han-del. Meine Mutter bekam eine Stelle als Verkäuferin ineinem Kunstgewerbegeschäft und konnte so für die sta-bile Hülle meiner niedergeschriebenen Erinnerungensorgen: Ein kleiner gelb-weißer Hefter mit lustigenbraunen Noppen und hellgrauem Leinenrücken wech-selte in meinen Besitz.Zeit zum Schreiben fand ich damals nur abends, da ichnach fast zweijähriger Unterbrechung wieder zur Schuleging und ein Hamburger Mädchengymnasium be such-te. Doch ungestört zu schreiben war kaum möglich indem einzigen Flüchtlingszimmer, das uns drei Frauen –Mutti, Barbara und mir – über sieben Jahre zur Verfü-gung stand. Aber das war nicht der Grund dafür, dassdieses Tagebuch nach dem vierzehnten Tag der gut fünf-zehnmonatigen Flucht abrupt abbricht. Es waren vielm-ehr immer wiederkehrende Albträume, erzeugt durchdas intensive Erinnern an schreckliche Erlebnisse, diemich zwangen, erst einmal ruhen zu lassen, worüber ichnicht laut sprechen durfte. Rückblickend stelle ich heutefest, dass mein Atem damals für dieses zeitgeschichtlicheDokument instinktiv so lange reichte, bis der schlimms -te Abschnitt meiner Flucht im Nacherzählen überstan-den war. Was danach kam, dafür hatte ich keine Kraft mehr. »Schreib es auf«, waren die Worte meiner Mut-ter gewesen. Las sie meine Notizen später auch? Selbst heute, über sechzig Jahre danach, kann ich lediglichvermuten, dass sie es zumindest stellenweise heimlichtat – verriet sie es mir doch Jahre später durch einespontane Frage, die ausschließlich der Kenntnis meinerAufzeichnungen entspringen konnte. Doch meineSchwester Barbara, die das gesamte Nachkriegslebenmit meiner Mutter auf engem Raum teilte und selbstvon meiner traumatischen Flucht erst spät durch micherfuhr, widersprach dem bis zuletzt vehement. Tat-sächlich war und blieb mein Fluchttagebuch ein heißesEisen in unserer kleinen Familie. Als hätte ich etwasUnrechtes getan, wurde zum Tabu erklärt, wovon diekleinen, dicht beschriebenen Seiten Kunde tun. Dieswar mit der Grund, dass ich meine Aufzeichnungenjahrelang in einem Tresor verwahrte.
Erst zum 60. Jahrestag der Befreiung des Konzentra-tionslagers in Auschwitz holte ich im Januar 2005 diealten Feldpostbogen in dem Nachkriegshefter zurückans Tageslicht. Ich wollte wissen, was ich zu jenem fer-nen 27. Januar 1945 niederschrieb, den ich als dun-kelsten Tag meines bisherigen Lebens in Erinnerunghatte – nichts wissend von Auschwitz und der Befrei-ung. Ängstlich zögernd begann ich, die gut erhaltenenkindlichen Schriftzüge zu lesen. Alles, was ich fürmeine Schwester aus der Erinnerung niederschrieb,entsprach der Wahrheit, in dieser Dokumentation derersten zwei Fluchtwochen schwang noch spürbar dieunmittelbare Nähe zum Erlebten mit.Wer aber von den inzwischen Nachgeborenen ist nochder Sütterlinschrift kundig?, fragte ich mich – unddachte dabei nicht zuletzt an meine acht Patenkinder.Als zeitgeschichtliches Dokument wollte ich lesbar wissen, was ich einst in der Hoffnung niederschrieb,dass irgendwann doch jemand lesen möge, worüberich in der Familie schweigen musste. So übersetzte ichin den Computer, was in seiner handschriftlichen Ur-form vor zwei Jahren als Leihgabe im Bonner Haus derGeschichte der Bundesrepublik Deutschland einen si-cheren Platz fand. Dort ist mein Tagebuch gut ver-sorgt, wurde also nicht vergeblich geschrieben.Meine Erinnerungen jedoch sind weitaus facettenrei-cher, als schriftlich festzuhalten mir seinerzeit als knapp Siebzehnjährige möglich war. Damals stand ichunter dem Schock des Erlebten, der sich erst drei Jahr-zehnte später Schritt für Schritt zu lösen begann, als esmir gelang, das mein Leben Überschattende einemPsychoanalytiker anzuvertrauen. Mit diesem Buch solldeshalb aus heutiger Sicht mit anderen Worten nocheinmal beleuchtet und vervollständigt werden, was inBonn hinterlegt ist. Das, was ich als Jugendliche fürüberflüssigen Ballast hielt, soll hier zur Sprache kom-men. In einer Zeit, in der den zivilen Opfern des Krieg-s endes nicht mehr das Unrecht angetan wird, sie zu Tä-tern zu stempeln.Im Folgenden sind Zitate aus dem handschriftlichenOriginal meines Fluchttagebuchs durch Kursivdruckhervorgehoben.


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